Der KGR 6 ist fester Bestandteil der Region und auch besonders für die Menschen die hier Leben. Die Geschichte vieler vorpommerscher Familien ist eng verbunden mit jener des Kernkraftwerks. Die Diskussion um eine mögliche Zukunft für den Reaktorblock beginnt daher bei den Leuten die in direkter Nähe wohnen und daher auch die Auswirkungen einer neuen Perspektive als nächste wahrnehmen würden.
Die Erhaltungsinitiative hat diese Diskussion daher bei mehreren Ständen vor Ort geführt. Folgende Termine fanden im dritten Quartal 2025 statt:
– 08.08. 16:30-20:00
– 09.08. 09:30-13:00
– 13.09. 09:30-13:00
– 28.09. 10:00-17:00
Wir konnten dort mit um die hundert Personen sprechen. Meist Anwohnende, manchmal auch Touristen, die aber wiederrum häufig aus der Region stammten oder auch noch Familie in Vorpommern hatten. Das Kernkraftwerk musste deshalb kaum Standbesuchern vorgestellt werden, viele kannten es sogar beruflich und daher besser als wir selbst. Einige wussten allerdings noch nicht um die Existenz des KGR 6 und seine Besonderheiten, was sicher daran liegt, dass das vorhandene Führungsangebot lediglich durch Mund-zu-Mund-Propaganda weiterverbreitet wird.
Es kam am Stand zu vielen spannenden Diskussionen und uns wurden einige interessante Geschichten über das ehemalige Kernkraftwerk „Bruno Leuschner“ erzählt. Es wurden gezielt Fragen und Ideen zur Zukunftsperspektive des KGR 6 aufgenommen, welche ich in diesem Beitrag zusammenfassen und auswerten möchte. Zur besseren Übersicht habe ich die einzelnen Impulse zu passenden Themen gruppiert:
Fragen zur Nachnutzung des KGR 6:
Notwendigkeit der Initiative
Fragen zur Umsetzung
Fragen zur Finanzierung
Fragen nach der Auslastung
Hier geht es zu Teil 2 -Ideen zur Nachnutzung des KGR 6

Am Diskussionsstand in Freest lassen sich interessierte Besucher*innen die Besonderheiten des KGR 6 erklären.
Teil 1 von 2 – Fragen
Notwendigkeit der Initiative
Die Frage nach der Notwendigkeit einer Erhaltungsinitiative kam aus verschiedenen Gründen auf. Einerseits gab es einzelne Stimmen, die meinten, der KGR 6 sei Ihnen egal, oder sie fänden keinerlei Nachnutzung sinnvoll. Es wurde angeführt, dass ein Museum nicht in ein Industriegebiet passe oder das man lieber zum ursprünglichen Zustand zurückkehren soll (Perspektive: Grüne Wiese). Tatsächlich muss man die Entwicklung immer mit dem vorhandenen Umfeld denken und das vorhandene Industriegebiet mit Hafen, Umspannwerk und auch das Zwischenlager werden in den kommenden Jahrzehnten nicht weichen. Eine Rückkehr zu einem Waldgebiet oder gar zu Wohnbebauung (ehem. Freesendorf) erscheint daher nicht sinnvoll. Eine Nachnutzung mit Publikumsverkehr (Museum, Erlebnisangebote etc.) schließt der Charakter eines Industriegebietes sicherlich nicht aus, aber sollte in der Konzeptplanung mit bedacht werden. Die geäußerte Meinung, was man vor Ort darstellen kann, könnte man auch aus Büchern lernen teilen wir in der Form nicht. Die Vermittlung von Wissen und Geschichten mit direktem Bezug zum historischen Objekt hat eine andere Qualität und bietet ganz andere Möglichkeiten, als eine bloße theoretische Auseinandersetzung mit den Themen zivile Kernkraftnutzung und der Geschichte dieses Ortes.
Andererseits wurde die Frage aufgeworfen, ob der vollständige Abriss der Gebäudesubstanz nicht ohnehin viel zu kostspielig sei und deshalb nach der abgeschlossenen Dekontamination auch ohne Zutun der Initiative zurückbleiben könnte. Auch ohne die Einschätzung ob dies eine Strategie der EWN werden könnte, lässt sich sagen, dass auf diese Weise natürlich auch keine Erhaltung des Inventars und damit des Herzstückes im KGR 6 stattfände. In einer Runie bliebe zudem auch nicht die Begehbarkeit erhalten.
Alles in allem teilte die überwältigende Mehrheit der Standbesuchenden die Ansicht der Initiative, das eine Erhaltung grundsätzlich wünschenswert wäre. Die Personen die gegen den Erhalt oder zumindest indifferent gegenüber dem Thema, konnte man an einer Hand abzählen.
Fragen zur Umsetzung
Die Umsetzung der vielen Ideen (Teil 2 – Ideen zur Nachnutzung des KGR 6) für eine Nachnutzung des KGR 6 wurde auf verschiedene Weisen kritisch hinterfragt. Eine wichtige Frage ist die, nach der Verantwortung. Also schlicht: „Wer kümmert sich?“. Die Erhaltungsinitiative hat sich zum Ziel gesetzt, nicht nur die Erhaltung zu bewirken, sondern auch die Entwicklung begleiten. Es sind viele verschiedene Betriebskonzepte denkbar, wie ein Förderverein oder auch ein Unternehmenskonstrukt (GmbH). Als weiter Hindernisse wurden Baurechtliche Vorschriften und Barrierefreiheit genannt. Während das Baurecht sicherlich einschränkend, insbesondere auf die aufwendigeren Ideen wirken kann, ist die Besucherroute jetzt schon Realität und wäre das Mindestmaß, dass erhalten werden kann. Erweiterungen des Konzeptes sind natürlich immer von der rechtlichen Durchführbarkeit abhängig. Inwieweit Barrierefreiheit in dem Industriebau umzusetzen ist, ist für uns schwer abzuschätzen. Im Block sind wenige Aufzüge installiert, die sich eventuell dafür Nutzen ließen, wahrscheinlich können also zumindest Teile auch für mobilitätseingeschränkte Personen zugänglich gemacht werden. Dem häufigsten Kritikpunkt zur Umsetzung haben wir einen eigenen Absatz gewidmet.

Fragen zur Finanzierung
Die weitaus häufigste Frage war: „Wer bezahlt das?“ Auch hier gilt natürlich: die Kosten und die möglichen Einnahmen hängen stark von der konkreten Nachnutzung ab, was in einem Nutzungskonzept mit eingeplant werden muss. Allgemein lässt sich sagen, nur die wenigsten Museen können sich selbst tragen und sind auf öffentliche oder private Förderung angewiesen. Der Förderanteil variiert stark. Wir wurden darauf hingewiesen, dass das Angebot auch für Familien bezahlbar sein muss. Wir teilen diesen Wunsch, weil wir den KGR 6 für möglichst viele Besucher*innen zugänglich halten wollen. Neben Fördermitteln wären Sponsorings von Firmen z. B. im Bereich der Energiewirtschaft denkbar und auch eine Querfinanzierung über Touristische Angebote könnte der Bilanz helfen. Am Ende ist die Umsetzung aller Nachnutzungs-Ideen natürlich abhängig von einer Möglichkeit sie zu finanzieren. Die Klärung der Mindestkosten für den bloßen Erhalt und Weiterbetrieb der Besucherroute streben wir in naher Zukunft an.
Dem Einwand, dass der mögliche Verkauf des restlichen Inventars ein wirtschaftliches Interesse gegen die Erhaltung des KGR 6 sind möchten wir entgegnen: selbst wenn sich das Inventar noch zu nennenswerten Summen verkaufen ließe, ist einer der großen Vorteile des KGR 6, dass er bereits im Besitz der öffentlichen Hand ist und damit uns allen gehört. Entsprechend liegt es auch an uns zu entscheiden, dass was mit angestellt wird.
Fragen nach der Auslastung
Zweifel daran, ob die verschiedenen denkbaren Angebote ausgelastet werden können, kamen aus verschiedenen Gründen. Zum einen gibt es da eine Unsicherheit, ob sie ausreichend angenommen werden würden. Einige halten ein altes Kernkraftwerk für nicht interessant genug für neue Generationen, während das Thema für ältere Generationen als abgeschlossen betrachtet werden könnte. An dieser Stelle können wir beruhigen: wenn es an etwas bei unseren Ständen nicht gemangelt hat, dann Interesse! Eine Auslastung kann aber auch durch mangelnde Erreichbarkeit entstehen. Der KGR 6 liegt in direkter Nähe zum Urlauber-Hot-Spot Usedom und dem Oberzentrum Greifswald. Die verkehrstechnische Anbindung ist quasi ausschließlich über das Auto gegeben. Eine Reaktivierung der Bahnlinie Greifswald-Lubmin, oder ein zusätzlicher Halt der Fähre Peenemünde-Freest im der Marina Lubmin, könnten hier zusätzliche Anreisewege werden.
Die vielen offenen Fragen bei den Menschen an unserem Stand haben uns gezeigt, dass auf dem Weg zur Erhaltung des KGR 6 noch einiges zu tun ist. Sie haben uns viele gute Anregungen gegeben, was wir als nächstes ausleuchten sollten. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass nur die wenigsten Besucher*innen eine Erhaltung für absolut unsinnvoll oder nicht-durchführbar erachteten. Dem gegenüber standen eine Menge von begeisterten Ideen, welche Perspektiven für den KGR 6 offen stehen. Diese beleuchten wir genauer in Teil 2 der Auswertung unserer Diskussionsstände.

Tom Lichtenthäler / 20.10.2025
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